„Ich predige, als ob Christus gestern gekreuzigt worden wäre, heute auferstanden wäre und morgen wieder auf die Erde kommen würde.“ (Martin Luther)

Donnerstag, 19. Januar 2017

Wie oft noch?

Eigentlich hätte ich heute Nachmittag ein Bibelstudium mit Freunden.
Eigentlich hätte mein Freund morgen früh ein Bibelstudium mit einem weiteren Freund. Beide fallen aus. Wie es aussieht – für immer!

Vor fast 6 Monaten kamen sie um 6 Uhr morgens, trommelten unsere Freunde aus dem Schlaf, gaben ihnen ein paar Minuten, sich anzuziehen und eine Umhängetasche mit dem Nötigsten zu füllen. Geld und andere persönliche Wertgegenstände blieben im Chaos zurück. Dann mussten sie ihre Handys abgeben und wurden in dieser Nacht- und Nebelaktion zum Flughafen gefahren – zur Abschiebung. Gestern Morgen die gleiche Geschichte.  Gerechterweise sei hinzugefügt, dass der Gefangenentransport im ersten Fall noch an unserer Gemeinde vorbeifuhr, weil sie auf dem Weg lag. Die Familie durfte – ohne aussteigen zu dürfen – sich von denen verabschieden, die sich Freitagmorgen zum Frühgebet trafen.

Beide Male sind unsere Herzen entsetzt, taub und ein einziges Fragezeichen. Abschiebung, obwohl noch ein Antrag läuft. Abschiebung, bei der man die Schwächen und Schutzlosigkeit der Hilfesuchenden schonungslos ausnutzt. Und, was am meisten bestürzt: Es handelt sich um Familien, die, sichtbar für alle, auf gutem Weg sind, sich zu integrieren. Sie kommen regelmäßig 1-3x in der Woche zum Gottesdienst. Die Kinder haben eine Chance und nutzen sie, aus dem Kreislauf der Armut auszubrechen. Lehrer, Nachbarn und Freunde sind zutiefst erschüttert. Nicht mal verabschieden konnte man sich. Die Guten, die Hilfe schätzen und dankbar annehmen, die nach Kräften zurückzahlen – die müssen gehen. Andere, Großfamilien im kriminellen Millieu, dürfen bleiben, weil „uns die Hände gebunden sind!  ???

Wie oft müssen wir das noch durchmachen?“ schreibt mir eine Mitarbeiterin aus der Gemeinde. Und ich kann ihr keine Antwort geben. Meine Gedanken gehen zu Jesus und zu Seinem Dienst. Wie oft wird Er ganz ähnliche Situationen durchlebt haben?

In Lukas 13:34 klagt Jesus über Jerusalem und sagt:

Jerusalem, Jerusalem, ...
 wie oft habe ich deine Kinder sammeln wollen
wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel, 
und ihr habt nicht gewollt!

Das waren Menschen, die Jesus von Herzen liebte und in die Er investiert hatte, denen Er geholfen und mit denen er Zeit verbracht hatte – ohne dass sie reagierten. Andere hatte er deswegen nicht besuchen können. Und Jesus? Wie oft musste Er das noch durchmachen?

Ähnliche Gedanken wie über Jerusalem äußert Jesus über Bethsaida, Chorazin oder auch Kapernaum. Jesus war auch zu ihnen gezogen, hatte Zeit auch mit ihnen verbracht, sie geliebt, geheilt und ihnen geholfen. Und sie hatten nicht gewollt! Aber Jesus machte weiter. Und er lehrte, dass es nicht die Masse ist, die sich retten lässt, sondern nur die Minderheit. Und bist zu seinem Tod ... bis zu Seiner Auferstehung ... BIS HEUTE hört Er nicht auf, sich immer wieder neuen Menschen zuzuwenden.

Wir sind dankbar, dass die Zeit, die Jesus uns mit unseren Freunden gegeben hat, zu Entscheidungen für Jesus und zur Rettung von Seelen geführt hat. Wir sind dankbar, dass sie Jesus mitnehmen in ihren Herzen und Jesus sie von allen Seiten umgibt. Aber wir haben keine Garantie, dass es mit neuen Freunden besser gehen wird. Was tun? Aufgeben? Uns selbst vor Enttäuschung und Schmerz schützen? Erfolgversprechendere Dienste beginnen? Nein! Wir wollen und werden uns am Beispiel Jesu orientieren. Auch Er musste Menschen gehen lassen.
Solche, die nicht wollten, aber auch solche, die ihn liebten und am liebsten immer bei ihm geblieben wären. Jesus ließ so manch einen Freund los und schickte ihn weiter mit den Worten: Erzähl Deinen Freunden zu Hause, was der Herr an Dir getan hat. Das ist nicht immer der einfachste Weg, auch wenn es Jesu Auftrag ist.

Ein Freund, mit dem ich morgens noch (vergeblich) versuchte, die abgeschobene Familie zu erreichen, um uns zu verabschieden und mit ihnen zu beten, meinte: „Das ist eine erneute Erinnerung, wie knapp die Zeit ist, die Gott uns für diese Menschen gibt.“ Recht hat er!

Gottes Wort sagt:

Wir müssen die Werke dessen wirken, der (Jesus) gesandt hat,
solange es Tag ist; es kommt die Nacht, da niemand wirken kann.
(nach Johannes 9:4)

Verkündige das Wort, tritt dafür ein, es sei gelegen oder ungelegen;
überführe, tadle, ermahne mit aller Langmut und Belehrung!
(2 Timotheus 4:2)

Darum, meine geliebten Brüder, seid fest, unerschütterlich,
nehmt immer zu in dem Werk des Herrn,
weil ihr wißt, daß eure Arbeit nicht vergeblich ist im Herrn!
(1 Korinther 15:58)

Ihr aber, seid stark und lasst eure Hände nicht schlaff werden!
Denn es gibt einen Lohn für euer Tun! (2 Chronik 15:7)

Handelt, bis ich wiederkomme! (nach Lukas 19:13)

Laßt uns aber im Gutestun nicht müde werden;
denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten,
wenn wir nicht ermatten. (Galater 6:9)

Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!
(Johannes 20:29)

1 Kommentar:

  1. Gut dass wir sie im Gebet begleiten können.
    Ja, die Zeit/ Chancen Menschen mit Jesus bekannt zu machen ist oft sehr reduziert bzw. knapp bemessen.
    Ich bete immer wieder dafür, dass Jesus mir meine Menschenfurcht nimmt.

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